Der Bund finanziert größtenteils die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE), die in ganz Deutschland von freien kommunalen Trägern wie der Caritas angeboten werden. Die Beratenden unterstützen neu Zugewanderte und Geflüchtete mit Bleibeperspektive ab 27 Jahren bei ihrer Integration in Deutschland, zum Beispiel mit Beratungen zum Spracherwerb oder der beruflichen Eingliederung. Im Haushaltsentwurf der Bundesregierung ist für 2023 eine drastische Mittelkürzung für die MBE vorgesehen – über 27 Prozent weniger als im Haushaltsjahr 2022. Diese Mittelkürzung würde einen Abbau von Beratungskapazitäten erzwingen, dabei ist die Nachfrage für die Beratungen aufgrund der Ukraine-Flüchtlinge aktuell so hoch wie nie. Anlässlich des bundesweiten MBE-Aktionstages am 14. September fordert der regionale Träger Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz: 2023 solle der Bund die Finanzierung der Beratungsstellen mindestens in dem Maße wie in den Vorjahren sicherstellen. Nur dann könnten die Anbieter weiterhin hochwertige Beratungen und soziale Orientierung für die Eingewanderten leisten, die allen nützt.
Beratungen verbessern Integration der Zugewanderten
Die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer richtet sich an eine diverse Zielgruppe mit vielfältigen Anliegen: Fachkräfte aus dem EU-Ausland nehmen die Beratungen bei Fragen zu Arbeitsmöglichkeiten ebenso in Anspruch wie Geflüchtete, die einen Integrations- oder Deutschkurs belegen möchten. Die MBE-Beratenden haben daher Expertise für Sozial- und Ausländerrecht und hohe kulturell-reflexive Kompetenzen. In den Landkreisen Ludwigsburg und Rems-Murr deckt die Caritas mit derzeit vier hauptamtlich Beschäftigten die MBE ab. Als verlässliche Bindeglieder zwischen der ursprünglichen und der neuen Gesellschaft begleiten die MBE-Beratenden die Eingewanderten hin zu einem selbstständigen Leben in Deutschland – ohne die Notwendigkeit von staatlichen Transferleistungen.
„Nach eigener Rückmeldung schätzen die Ratsuchenden unsere Migrationsberatung sehr. Die zuverlässige Begleitung hilft ihnen, in Deutschland anzukommen: Sie sind erfolgreicher im Deutschkurs, erhalten leichter einen Job und bilden ein positives Bild von Deutschland, das sie der Gesellschaft zurückspiegeln. So werden Ressentiments auf beiden Seiten abgebaut und alle profitieren von der Migrationsberatung", erklärt Monika Miller, Fachleitung Soziale Hilfen bei der Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz.
Nachfrage für Migrationsberatung auf Höchststand
Aktuell erlebt die Fachleiterin eine nie dagewesene Nachfrage für die MBE, die auch mit den vielen ukrainischen Zugewanderten zusammenhängt. Der jetzige Bedarf nach Beratungen übersteige sogar den während der Flüchtlingskrise 2015:
„Hatten wir Anfang des Jahres noch 20 Beratungen pro Woche, sind es seit Juli über 120. Und die Zahl nimmt weiter zu. Ich halte es für ein fatales Signal der Bundesregierung, angesichts der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Lage die Mittel für unsere MBE 2023 kürzen zu wollen", beanstandet Miller.
Im Haushaltsjahr 2022 finanzierte der Bund die MBE mit 79,2 Millionen Euro – inklusive Sondermittel für unter anderem die Beratung von ukrainischen Geflüchteten. Im neuen Haushaltsentwurf für 2023 sieht die Regierung dagegen nur noch eine Finanzierung mit 57,5 Millionen Euro vor, das ist eine Kürzung von über 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
MBE-Aktionstag am 14. September
Die Anbieter der MBE, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, hoffen deshalb, dass die Bundesregierung ihren Haushaltsentwurf noch korrigiert und die Träger weiterhin in voller Höhe wie in den Jahren zuvor bezuschusst. Mit dem öffentlichen MBE-Aktionstag am 14. September soll die wertvolle Arbeit der Migrationsberatung in den Fokus rücken.
Träten die Mittelkürzungen tatsächlich ein, müssten die freien Träger Personal bei ihrer Migrationsberatung abbauen. Die Wohlfahrtsverbände sind auf die Bundesfinanzierung angewiesen, denn die steigenden Lohn- und Energiekosten erschweren den Trägern bereits jetzt die Leistung ihres Eigenmittelbetrags in Höhe von zehn Millionen Euro.
Die MBE wird durchgeführt und kontrolliert vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), für die Finanzierung ist das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) zuständig. Ziel des Programms: Die Abhängigkeit der Beratenen von sozialen Transferleistungen soll reduziert werden.